Robinson Crusoe, Don Quijote, Goethes Faust – alles bekannte Klassiker der Weltliteratur. Die große Frage ist allerdings, ob man diese Klassiker lesen muss, oder ob es reicht, den Titel und den ungefähren Inhalt davon zu kennen. Denn je älter ein Werk wird, desto unverständlicher für heutige Ohren wird der Satzbau. Schüler können ein Lied davon singen. Und trotzdem solltest Du Dich nicht davon abschrecken lassen.
Was sind diese „Klassiker“?
“Klassiker sind Bücher, die jedesmal um so neuer, unerwarteter, bahnbrechender wirken, wenn man sie wiederliest …” Das ist die Definition von Italo Calvino. Sie trifft zu, hilft aber eigentlich trotzdem nicht weiter bei der Frage, was diese Klassiker der Weltliteratur eigentlich auszeichnet. Gleiches gilt für die Definition von Heinz Schlaffer: Für ihn soll ein Klassiker “gleichzeitig vergangen, erinnert und gegenwärtig” sein.
Eines steht schon einmal fest: Der Kanon der Klassiker ändert sich und wird stetig erweitert. Aber „die Klassiker“ gibt es eigentlich gar nicht, denn „Klassiker“ ist in mehrere Unterkategorien eingeteilt: Auf Wikipedia ist zu lesen, dass die Klassiker im engeren Sinne die Werke der griechischen und römischen Literatur sind, die auch heute noch eine Bedeutung haben. Die deutsche Klassik beinhaltet die Werke von Goethe und Schiller. Die Klassiker der Moderne umfassen Bücher, die ein wenig jünger sind, z.B. „Die Buddenbrooks“ oder „Der Mann ohne Eigenschaften“. Dann gibt es noch die Gegenwartsklassiker wie „Homo Faber“. Noch nicht in diesen Kategorien enthalten sind die Genre-Klassiker wie „Dracula“, „Der Hund von Baskerville“ oder „Pippi Langstrumpf“.
Du merkst: Diese Liste lässt zwar ein Gefühl dafür entstehen, was wohl ein Klassiker ist, ist aber keine wirkliche Definition. Der Trost: Du musst absolut nicht jeden dieser Klassiker lesen.
Alter Wein in neuen Schläuchen
Warum sollte man nun Klassiker lesen? Können Bücher, die so alt sind, überhaupt die heutige Zeit und Gesellschaft wiederspiegeln? Die Antwort ist ein definitives Jein.
Die Gesellschaft entwickelt sich fortlaufend weiter, während ein Buch eine Momentaufnahme der Zeit ist, in der es geschrieben wurde. Alles, was danach kommt, geht in gewisser Weise über das Buch hinaus. Wenn Du Klassiker lesen willst, wirfst Du immer auch einen Blick zurück in die Vergangenheit.
Auf der anderen Seite behandeln Klassiker die Themen, die die Menschheit seit Jahrhunderten bewegen. Schau Dir „Die Leiden des jungen Werther“ an: Liebeskummer und Selbstmord. Man kann nicht sagen, dass wir darüber hinweggekommen sind. Die Motive wirklich guter Geschichten sind schon immer gleich gewesen: Liebe, Hass, Eifersucht, Rache, Freundschaft, Treue, die Frage nach dem Warum… Je nach Epoche und Art des Buches in ein unterschiedliches Gewand gesteckt, aber doch immer vorhanden. Manche Figuren der Klassiker traten dabei so klar hervor, dass sie auch heute noch zum Freundeskreis der Belesenen gehören: Hamlet, Don Juan, Faust, Don Quijote, Robinson. Wer diese Figuren beim Klassiker lesen kennengelernt hat, wird sie auch in der heutigen Welt immer wieder treffen.
Die Antwort auf die im Titel gestellte Frage ist deshalb: Ja, Du solltest Klassiker lesen. Nicht alle, aber einige. Und nicht ausschließlich, es gibt schließlich auch zahllose gute Bücher, die (noch) keine Klassiker sind. Aber wenn einzelne Geschichten so gut aufgeschrieben wurden, dass sie zu Klassikern wurden, lohnt es sich doch auf alle Fälle, mal die Nase reinzustecken, oder?
Vereinfachte Klassiker lesen?
Das ändert alles leider nichts daran, dass manche Klassiker einfach eine Qual zu lesen sind. Und wenn schon keine Qual, dann kostet es sehr viel Konzentration um sie zu lesen. Zwar bringt es ein Erfolgserlebnis mit sich, Shakespeare zu lesen und die Schönheit seiner Worte zu erfassen, aber anstrengend ist es trotzdem.
Heißt das, wenn Du Klassiker lesen willst, musst Du Dich halt durchbeißen? Nicht unbedingt. Es gibt einige Verlage, die inzwischen vereinfachte Versionen der Literaturklassiker anbieten. Im ersten Moment klingt das furchtbar, gerade für die Leser, die „ihre“ Lieblinge nicht verändert sehen wollen. Wer Klassiker lesen will, soll sich gefälligst anstrengen, oder?
Auf der anderen Seite kann man nicht leugnen, dass sich unsere Sprache immer weiter entwickelt und die Ausdrücke der Zeit, in denen die Klassiker entstanden sind, nun einmal immer weiter hinter sich lässt. Um die Begeisterung für das Lesen und die großen Werke der Literatur hochzuhalten, ist es deshalb manchmal sinnvoll, den Weg für ungeübte Leser zu ebnen. Dann werden komplizierte Begriffe durch einfache ersetzt oder aus einem langen Satz zwei gemacht. Aber dafür werden Klassiker nicht mehr zu dem Schreckgespenst, durch das man sich hindurchkämpfen muss, bis man jeden Spaß am Lesen verliert. Wer Klassiker lesen will und mit einem „Klassiker Light“ anfangen kann, empfindet diesen als schaffbare Herausforderung. Wer nicht alle Kapazitäten aufwenden muss, um komplizierte Schachtelsätze zu entwirren, kann sich auf den Inhalt des Werkes einlassen und genießen. Ist das Eis erst einmal gebrochen, locken ihn vielleicht beim nächsten Mal schon die schwereren Fälle.
Was bedeuten Klassiker für Dich, und welche sollte man unbedingt gelesen haben? Wir sind gespannt auf Deine Antwort.
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