Wer ein Buch schreiben will, wird ihr schon begegnet sein, und vielleicht kennt sie auch der eine oder andere Leser: die Prämisse. Eingedampft auf einen einzigen Satz enthält sie die Kernaussage des gesamten Buches, was sie zugleich zum Wegweiser und zur Geißel des Autoren macht. Nicht nur für Autoren, sondern auch für den Leser kann es manchmal ganz spannend sein, sich die Prämisse eines Buches anzuschauen.
Was genau ist eine Prämisse?
Schon an dieser Stelle gehen die Meinungen auseinander. Für die einen ist die Prämisse eine Art „Moral der Geschichte“. Wesentlich häufiger begegnest Du aber der Definition, dass die Prämisse die Behauptung ist, die durch die Geschichte des Romans bewiesen wird. Die zweite Variante ist gerade für Autoren immens hilfreich, da sie hilft, einen Roman zu planen und diesen später bei der Überarbeitung darauf abzuklopfen, ob sie auch wirklich der Prämisse gefolgt sind. Sie wird quasi zum roten Faden des ganzen Buches, auch wenn sie nicht immer überdeutlich angesprochen werden muss.
James N. Frey
Geprägt hat die Prämisse als notwendiges Werkzeug für Autoren James N. Frey mit seinem Schreibratgeber „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“. Kurz gefasst ist seine Definition der Prämisse, dass sie die Behauptung ist, die durch das Schicksal der Figuren im Roman bewiesen wird. Da der Roman also die vom Autoren aufgestellte Prämisse beweisen soll, muss dieser nun darauf achten, seine Geschichte an seiner Prämisse entlang zu entwickeln. So wird sie ein roter Faden und verhindert, dass er sich in seinen Ideen verliert.
Da ein Roman eine fiktive Welt beschreibt, ist eine Prämisse deshalb keine absolute Wahrheit in unserer realen Welt, sondern nur eine Wahrheit in der Welt, die im jeweiligen Roman beschrieben wird. In verschiedenen Romanen können sich die Prämissen dadurch auch widersprechen.
Wie könnte eine Prämisse lauten?
Alle Theorie ist gut und schön, hilft aber nicht wirklich dabei, eine Prämisse zu finden, wenn einem noch die Übung fehlt. Erst Beispiele machen die graue Theorie anschaulich. Als Beispiel sollen uns ein Klassiker und ein neuer Vertreter aus dem Fantasy-Bereich dienen: „Der Herr der Ringe“ und „Das Lied von Eis und Feuer“.
Im Herrn der Ringe könnte man sagen, dass die Prämisse „Die kleinen Leute sind die größten Helden.“ oder „Operbereitschaft macht aus unscheinbaren Leuten große Helden“ lautet. Wer die Bücher gelesen oder die Filme gesehen hat, kann dies bestätigen: Trotz aller (notwendigen) Heldentaten der Menschen, Elben und Zwerge sind es gerade die Halblinge, die zu den größten Helden von Mittelerde werden, obwohl sie wirklich die unscheinbarsten Bewohner sind.
Was das „Lied von Eis und Feuer“ angeht, gibt es eine in meinen Augen schon sehr passende Prämisse: „Im Spiel um den Thron siegst oder stirbst Du.“ Wieviel Wahrheit dahinter steckt, wird jeder Fan schmerzlich bestätigen können.
Da ich die „wahren“ Prämissen dieser Bücher nicht kenne, kann ich natürlich nur Rückschlüsse ziehen, ohne absolut sicher sagen zu können, ob ich auch richtig liege. Vielleicht hast Du ja ganz eigene Vermutungen? Dann freuen wir uns auf jeden Fall über Dein Kommentar!
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