Seit zwei bis drei Millionen Jahren gibt es die Menschen auf dieser Welt, und mit ihnen ihre Geschichten. Eine tatsächliche Schrift entstand aber erst deutlich später und diente in erster Linie nicht dem Bewahren von Mythen und Legenden, sondern der schnöden Buchhaltung. Aber auch für die Religion und den alltäglichen Gebrauch entstanden in verschiedenen Völkern ganz eigene Schriften, die jeweils einem eigenen Zweck dienten.
Warum wurde Schriften erfunden?
Seit der Mensch Materialien nutzte, die er verwenden konnte, um Zeichen eine gewisse Zeit lang dauerhaft zu hinterlassen, finden Forscher immer wieder Zeugnisse davon: großartige Höhlenbildnisse, eingeritzte Zeichen und, in den Augen der Laien, Kleckse, die wenig mit irgendwelchen Zeichen zu tun haben. Schriften waren dies allerdings noch nicht und Wissen wurde lange Zeit mündlich weitergegeben.
Mündliche Überlieferungen haben einige Nachteile, die in der komplexer werdenden menschlichen Gesellschaft immer eklatanter wurden. So konnte auf Wissen immer nur zugegriffen werden, wenn jemand anwesend war, der dieses Wissen auch tatsächlich besaß. Damit einher ging aber ein noch viel größeres Problem: Die Gesellschaft wurde immer vielschichtiger, das Zusammenleben komplexer und die Besitztümer zahlreicher. Um da den Überblick nicht zu verlieren oder wichtige Details nicht zu vergessen wurde es notwendig, sich Notizen zu machen. Die erste Schrift war geboren, und sie diente der Buchhaltung.
Die älteste Schrift ist sehr jung
Heute sind sich die meisten Forscher einig, dass die ältesten Nachweise für ein Schriftsystem in Mesopotamien zu finden sind. Die Sumerer entwickelten die Keilschrift, mit der sie landwirtschaftliche Listen führen konnten. 3.300 v.Chr. waren die Zeichen noch Piktogramme der Wesen oder Gegenstände, um die es ging. Aber nachdem der erste Schritt zur Entstehung der Schriften gemacht war, ging es schnell weiter: Wurden mehrere dieser Piktogramme miteinander verbunden, konnten komplexere Gedanken festgehalten werden. Auch stand z.B. die Abbildung eines Fußes nicht mehr bloß für das entsprechende Körperteil, sondern auch für rennen, laufen und gehen.
Der große Durchbruch kam allerdings, als einzelne Zeichen nicht mehr für Begriffe oder Dinge standen, sondern für einzelne Laute. Die Keilschrift war als Ganzes so erfolgreich, dass andere Völker sie übernahmen und weiter entwickelten. Der letzte Nachweis für die Verwendung der Keilschrift wird auf das Jahr 75. n.Chr. datiert, womit die tatsächliche Keilschrift gut 3.000 Jahre lang verwendet wurde.
Es gibt einige Zeichen, die älter als die Keilschrift der Sumerer sind. Dies ist die 6.600 Jahre alte Jiahu-Schrift aus China, die aus 16 Markierungen auf Artefakten besteht, und die 5.500 Jahre alte Vinča-Zeichen aus Südosteuropa. Allerdings gibt es in beiden Fällen viele Skeptiker, die darin keine Schriften, sondern lediglich einzelne Zeichen sehen.
Hieroglyphen
Die bekannten Hieroglyphen der alten Ägypter sind nicht wesentlich jünger als die Keilschrift. Sie wurden etwa 3.000 Jahre v.Chr. erfunden. Bemerkenswert ist, dass sie sich anders als die Keilschrift nicht über einen längeren Zeitraum hin entwickelten, sondern einige Forscher es für sehr gut möglich halten, dass eine einzige Person diese Schrift erfand.
Das Besondere an der Hieroglyphen-Schrift ist, dass die einzelnen Bilder für einen Gegenstand, einen abstrakten Gedanken oder aber auch einen einzelnen Laut stehen kann. Zudem wurden nur Konsonanten, aber keine Vokale aufgeschrieben. Durch dieses komplizierte System mit mehreren tausend Zeichen war es bis zum Fund des Steins von Rosetta nicht möglich, die wunderschönen Inschriften der Tempelruinen und Pharaonengräber zu entziffern.
Das Wort Hieroglyphen setzt sich aus den griechischen Wörtern für heilig (hieros) und schnitzeln oder meißeln (glyphein) zusammen und bedeutet heiliges Schnitzwerk. Tatsächlich fanden die Hieroglyphen nur im Kontext mit der Religion als Tempelinschriften Verwendung. Was nicht jeder weiß, ist, dass die Ägypter nach und nach drei Schriften entwickelten: Die Hieropglyphen, die hieratische Schrift für den Alltagsgebrauch durch die Priester und eine noch einfachere Schrift, die im 7. Jahrhundert v.Chr. aufkam und ebenfalls im Alltag genutzt wurde. Die letzten beiden Schriften konnten wesentlich einfacher und schneller geschrieben werden, als die komplizierten Bilder der Hieroglyphen.
Verschiedene Schriftsysteme
Ein großer Unterschied liegt zwischen den Alphabetschriften und Systemen mit vielen hundert Zeichen wie der Keilschrift oder den chinesischen Schriftzeichen. Da jedes Symbol für einen Laut und nicht mehr für ein bestimmtes Wort steht, mussten die Schreibkundigen sich viel weniger Zeichen merken, um sich schriftlich mitzuteilen. Durch die immer neue Kombination der entsprechenden Zeichen können so alle Worte einer Sprache aufgeschrieben werden.
Erfunden wurde das erste Alphabet etwa 1.500 v.Chr. in Ugarit an der syrischen Küste, als mehrere Schriftarten verschmolzen. Verbreitet wurde dieses „Ur-Alphabet“ von den Phöniziern. Dieses phönizische Alphabet gilt als Vorgänger der europäischen Alphabete, die sich daraus entwickelten. Um 800 v.Chr. begannen auch die Griechen das Alphabetsystem zu nutzen und an ihre eigenen Vorstellungen anzupassen. Von den Griechen wiederrum ließen sich die Römer inspirieren, die dann wieder die Grundlage unseres heutigen Alphabetes legten.
Wer noch mehr über die Entstehung der Schriften lernen will, wird z.B. in den Artikeln von Planet Wissen und L;nkolon fündig.
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