Warum das Vorlesen so wichtig ist

Hand hoch: Wer kam als Kind in den Genuss, dass die Eltern ihm vorlesen? Und wer liest heute seine eigenen Kindern regelmäßig vor? Die Vorlesestudie 2014 zeigt, dass ein Drittel der Familien ihren Kindern nur einmal pro Woche oder sogar gar nicht vorliest. Und dabei bietet gerade das gemeinsame Erleben von Geschichten viele Vorteile für die Kinder. Warum solltest Du also am besten heute noch mit dem Vorlesen anfangen?

Warum ist Vorlesen so wichtig?

Schon lange, bevor Kinder selbst sprechen können, lieben sie Sprache. Sie lernen jeden Tag neue Wörter und entwickeln ihr Gefühl für Sprache und Satzbau. Und Kinder sind neugierige kleine Entdecker, die nie genug davon kriegen, etwas zu erforschen, zu betrachten und durchzufantasieren. Vorlesen fördert all dies: Es weckt die Lust auf Sprache und auf Geschichten und hilft dem Kind damit beim Sprechen lernen, schon lange, bevor es verständliche Worte von sich gibt.
Vorlesen ist wichtig für Kinder Wenn einem Kind viel vorgelesen wurde, macht sich dies oft auch später bemerkbar: Diese Kinder tun sich in der Schule oft leichter, nicht nur beim Lesen und Schreiben. Beim Vorlesen und Geschichten erzählen lernen Kinder wie von selbst neue Ausdrücke und Wörter und bekommen ein Gefühl für richtigen Satzbau.
Und es steigt die Konzentrationsfähigkeit des Kindes, das Gedächtnis, das Zurück- und Vorausdenken und das Vorstellungsvermögen sowieso. Denn das Kind muss aufmerksam zuhören und sich merken, was bisher in der Geschichte geschah, und das Gehörte intensiv im Kopf behandeln. Längere Sätze müssen bis zum Ende gehört werden, damit sich der Sinn entschließt. Deshalb können auch die pädagogisch sinnvollsten Fernsehprogramme dem Vorlesen nicht das Wasser reichen: Im Fernsehen sieht das Kind unmittelbar in Bild und Ton, was passiert, ohne sich geistig anstrengen zu müssen. Aber erst, wenn bei einer vorgelesenen Szene Wort für Wort erschlossen wird, was geschieht, kann es lernen, zu abstrahieren und sich länger auf etwas zu konzentrieren.
Und nicht zuletzt bedeutet Vorlesen immer auch Qualitytime mit wenigstens einem Elternteil. Gemeinsam verbrachte Zeit, schön zusammengekuschelt und in Ruhe, gibt dem Kind Sicherheit und Selbstvertrauen. In diesem Umfeld können auch schwierige Themen wie Tod und Verlust, zu denen es gute Kinderbücher gibt, behandelt und besprochen werden, ohne das Kind zu überfordern.

Worauf solltest Du beim Vorlesen achten?

Ganz wichtig ist die Atmosphäre. Zwischen Tür und Angel schnell ein paar Seiten runterrattern ist kontraproduktiv. Finde den richtige Zeitpunkt, z.B. nach dem Mittagessen oder vor dem zu Bett gehen. Du kannst auch ein kleines Ritual daraus machen: Nach dem Zähneputzen sucht das Kind ein Buch aus, und es wird gemeinsam gelesen. Vorlesen sollte so oft wie möglich, am besten täglich, stattfinden. Plane die Zeit dafür ein – Dein Kind wird begeistert sein.
Stell Dich beim Lesen ganz auf das Kind ein. Bei sehr kleinen Kindern reichen schon Bilderbücher, bei denen Du die Bilder beschreibst. Lass das Kind vor- und zurückblättern und Fragen stellen. Vorlesen ist ein Dialog, keine literarische Lesung, bei der das Publikum andächtig schweigen muss. Für Kinder ist es wichtig, sich austauschen zu können, und immer wieder erinnert das Vorlesen sie an Erlebnisse und Gefühle, von denen sie erzählen wollen.

Beschränke Bücher nicht nur auf den Nachttisch, sondern mache sie zum Bestandteil des Alltags. Gehe mit Deinem Kind in Büchereien und Buchläden, wo Ihr zusammen die nächsten Schätze aussucht. So kann Dein Kind einen eigenen Buchgeschmack entwickeln. Denn so, wie die einen Kinder Märchen lieben, möchten andere, dass Erwachsene ihnen Sachbücher vorlesen. Lass die Bücher auch in der Wohnung griffbereit liegen. Lass Dich dabei auf die Buchwünsche Deines Kindes ein, wenn Du ihm Bücher aufnötigst, an denen es kein Interesse hat, wird es die Lust am Vorlesen verlieren.
Und, nicht zuletzt: Gehe mit gutem Beispiel voran. Du wirst Dein Kind kaum überzeugen, dass Bücher etwas Schönes sind, wenn es Dich niemals mit einem Buch in der Hand, sondern nur vorm Fernseher sieht. Dann wird Lesen schnell zu einem “Müssen”, und das ist der Tod am Lesespaß. Lesen und Vorlesen darf niemals eine Strafe oder Pflichtkür sein, sondern höchstens eine Belohnung. Denn eines ist klar: Damit Kinder später gerne lesen, muss ihnen schon das Vorlesen Spaß machen.

Noch mehr Tipps zum Vorlesen findest Du hier.
Wie sind Deine Erfahrungen? Liest Du gerne vor, und hast Du es früher genossen, wenn Dir jemand vorgelesen hat? Erzähl uns davon!

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Frauke Bitomsky

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Frauke Bitomsky ist Teil des Teams von Liber Laetitia. Wir zeigen Autoren, wie sie sich und ihre Bücher effektiv, zeitsparend und rechtssicher im Social Web präsentieren können.