Fantasy-Romane und Filme boomen. Spätestens, seit Harry Potter und die Herr der Ringe-Trilogie in die Kinos kamen, ist das Genre voll etabliert. Die Hobbit-Trilogie und die Serie Game of Thrones setzen den Trend fort und lassen Fanherzen regelmäßig höher schlagen. Aber was ist dran an diesem Genre, das von vielen Kritikern noch immer als zweitklassig betrachtet wird?
Was ist Fantasy eigentlich?
Eine absolute Definition gibt es nicht wirklich. Als Faustregel kann gelten, dass Fantasy-Romane eine eigenständige Welt beschreiben, die getrennt von unserer realen Welt existiert und nach eigenen Regeln funktioniert, so dass es z.B. Magie und/ oder übernatürliche Wesen gibt.
Bei dieser Deutung gibt es aber durchaus große Überschneidungsbereiche zu anderen Genres. Viele moderne Fantasy-Romane wie verschiedene Vampirgeschichten oder auch die Harry-Potter-Bücher beschreiben Welten, die quasi unserer Realität entsprechen, mit dem Unterschied, dass es Magie gibt.
Fantasy ist ein sehr junges Genre
Fantasy-Romane gehören in ein sehr junges Genre. Sicher, Märchen und Legenden gibt es schon viele Jahrhunderte, und sie bilden die Wurzeln der „klassischen“ Fantasy. Aber als eigenständiges Genre kam es erst langsam auf, als z.B. Edgar Ellen Poe begann, phantastische Elemente in seine Werke einzubauen. Viele bekannte Klassiker der Fantasy-Romane gehören ebenfalls in die Anfangszeit dieses Genres: Frankenstein (Mary Shelley), Dracula (Bram Stoker), Das Bildnis des Dorian Gray (Oscar Wilde).
Als Urvater der „klassischen“ Fantasy gilt aber J.R.R. Tolkien. Seine Bücher „Der Herr der Ringe“ und „Der kleine Hobbit“ feiern nicht zuletzt wegen den großartigen Verfilmungen durch Peter Jackson ein Revival. Zu Tolkiens Zeit entstanden nur wenige Fantasy-Romane, und das Genre wurde größtenteils als Subgenre der Science-Fiction betrachtet. Die verschiedenen Subgenre der Fantasy entwickelten sich nur langsam, und auch Erfolge einzelner Autoren wie z.B. Wolfgang Holbein änderten nichts daran, dass Fantasy noch immer eher belächelt wurde.
Erst kurz vor der Jahrtausendwende kam es zum kommerziellen Durchbruch. Dies wiederum sorgte erst dafür, dass mehr Fantasy-Autoren die Chance auf Veröffentlichung erhielten, wodurch das Angebot in den Buchläden in wenigen Jahren sehr schnell deutlich vielfältiger wurde.
Sind Fantasy-Romane nur Eskapismus?
Eskapismus bedeutet Realitäts- oder Wirklichkeitsflucht. Gerade dem Fantasy-Genre wird oft vorgeworfen, dass es nur dem Wunsch der Leser dient, vor ihrem wirklichen Leben in schöne Scheinwelten zu flüchten. Belegt werden konnte dies allerdings bis heute nicht, ganz im Gegenteil. Diese Literaturgattung kam in den 1920ern in den USA auf, einer Demokratie, aber nicht in den europäischen Diktaturen dieser Zeit. In Deutschland etablierten Fantasy-Romane sich erst wirklich nach 1968. Das Fantasy-Genre steht nicht für Eskapismus, sondern viel eher für eine Liberalisierung. Statt auf den Zwang zur Realität wird auf die Freiheit der Fantasie und Kreativität gesetzt. Nicht zuletzt können große Themen wie Konflikte zwischen Völkern, Liebe, Hass oder auch Opferbereitschaft losgelöst von unserer Realität behandelt und erlebt werden.
Sind Fantasy-Romane nur zweitklassige Literatur?
Diese Frage kann mit einem eindeutigen „Jein“ beantwortet werden.
Sicherlich gibt es eine Menge schlechter Fantasy-Romane, wobei „schlecht“ immer auch im Auge des Betrachters liegt. Allerdings gibt es auch sehr viele sehr erfolgreiche tiefgründige Fantasy-Romane. Zu ihnen gehören z.B. die Bücher der Harry-Potter-Reihe, die „Tribute von Panem“ oder „Das Lied von Eis und Feuer“. Darüber hinaus sind schlechte Bücher kein Privileg des Fantasy-Genres: Es gibt in den Buchläden auch unzählige schlechte Krimis und Werke der Belletristik.
Dennoch gibt es noch immer viele Personen, für die Fantasy-Romane keine „echte“ Literatur sind. Kürzlich veröffentlichte ein Fan von Patrick Rothfuss, dem Autoren von „Der Name des Windes“, ein kurzes Video, in dem er zu diesem Problem Stellung bezieht. Entstanden ist das Video spontan auf einer Lesung von ihm, als die Studentin ihm erzählte, dass sie von ihrem Studium aus Lesungen besuchen und darüber berichten müsse, dass seine Lesung aber nicht gewertet würde, da er „nur“ Fantasy schreibt.
Wie siehst Du das? Findest Du auch, dass Fantasy eben doch nur zweitklassige Literatur ist, oder sind Fantasy-Romane in Deinen Augen mindestens ebenbürtig mit den Büchern anderer Genres? Wir sind gespannt auf Deine Meinung.
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